Es gebe genug Gründe für die Annahme, dass beiden die Verantwortung für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit trügen, teilte Chefankläger Karim Khan am Montag mit. In Israel löste dies Empörung aus.

Der Antrag auf einen Haftbefehl gegen Netanjahu und Gallant sei selbst «ein Verbrechen von historischem Ausmass», sagte Benny Gantz, Minister im israelischen Kriegskabinetts. In seinem Antrag listet der Ankläger folgende Gründe für den Schritt gegen Netanjahu und Gallant auf: Das Aushungern von Zivilisten als Methode der Kriegsführung - dies sei ein Kriegsverbrechen.

Zudem habe die israelische Regierung vorsätzlich die Verursachung grosser Leiden oder schwerer Verletzungen des Körpers oder der Gesundheit in Kauf genommen. Es habe zudem vorsätzliche Tötungen und ebenfalls vorsätzliche Angriffe auf die Zivilbevölkerung gegeben. Ausserdem nennt Khan «Ausrottung und/oder Mord als Verbrechen gegen die Menschlichkeit».

Empörung in Israel

«Parallelen zwischen den Führern eines demokratischen Landes, das entschlossen ist, sich gegen den verabscheuungswürdigen Terror zu verteidigen, und den Führern einer blutrünstigen Terrororganisation (Hamas) zu ziehen, ist eine tiefe Verzerrung der Gerechtigkeit und ein eklatanter moralischer Bankrott», sagte Gantz.

Der Schritt des IStGH schweisst die zuvor immer stärkere zerrissene israelische Regierung wieder zusammen. Denn der Ex-Verteidigungsminister Gantz hatte Netanjahu eine Frist für eine Nachkriegsordnung im Gazastreifen bis zum 8. Juni gesetzt. Sollten seine Erwartungen nicht erfüllt werden, werde er seine zentristische Partei aus der Notstandsregierung zurückziehen, hatte er am Samstag angekündigt. Es müsse festgelegt werden, wer im Gazastreifen nach dem Krieg gegen die radikal-islamische Hamas regieren könne.

Weniger überraschend war, dass der rechtsextreme israelische Politiker Bezalel Smotrich, der in der Netanjahu-Regierung für Finanzen und den Siedlungsbau in den besetzten palästinensischen Gebieten zuständig ist, den IStGH-Antrag mit Nazi-Propaganda verglich und von «Juden-Hass» sprach. Der israelische Minister für nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, bezeichnete den Internationalen Strafgerichtshof und seinen Ankläger als «antisemitisch».

Der Ankläger hatte zuvor auch einen Haftbefehl gegen Hamas-Führer Jahja Sinwar und zwei andere Funktionäre der radikal-islamischen Organisation im Zusammenhang mit den Angriffen auf Israel am 7. Oktober 2023 beantragt. Sinwar wird unter anderem die Verantwortung für Mord, Geiselnahme, Vergewaltigung und Folter vorgeworfen. Bei dem Überfall der Hamas auf Israel waren nach israelischen Angaben mehr als 1200 Menschen gestorben. Die Organisation hält immer noch Dutzende Geiseln gefangen.

Ein Hamas-Sprecher und ein Sprecher der PLO kritisierten diese Entscheidung des IStGH gegenüber Reuters ebenfalls. Sie wehren sich aber dagegen, dass die Hamas-Führer nun mit der israelischen Regierung gleichgesetzt würden. Damit würden «Opfer und Henker» gleichgesetzt, kritisierten beide Organisationen.

Die Ermittlungsrichter des IStGH müssen entscheiden, ob genügend Beweise vorliegen, um Haftbefehle zu erlassen. Die Bundesregierung reagierte zunächst nicht. 

(Reuters)